Schwerpunktthema Haushalt

Was mit unserem Geld passiert

Von den Lokalredakionen Bad Oeynhausen und Löhne, Umsetzung: Marten Siegmann
Published in Neue Westfälische

Was die Städte einnehmen

STEUERN: Abgaben von Gewebebetrieben (Gewerbesteuer), Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Betriebe, Grundsteuer B für bebaute
Grundstücke, Gemeindeanteile an Einkommens- und Umsatzsteuer; eine Besonderheit ist bei der Stadt Bad Oeynhausen die Spielbankabgabe
von einer Million Euro.

ZUWENDUNGEN UND ALLGEMEINE UMLAGEN: Schlüsselzuweisungen vom Land, die über den Gemeindefinanzausgleich fast jede Kommune erhält, allgemeine Zuweisungen vom Land (u.a.Geld nach dem Kinderbildungsgesetzfür Kinderbetreuung); Besonderheit in Bad Oeynhausen ist die Kurortehilfe in Höhe von 0,7 Millionen
Euro.

GEBÜHREN/LEISTUNGSENTGELTE: Die größten Gebührenpositionen werden inzwischen nicht mehr im  städtischen Haushalt geführt, sondern von den Stadtwerken Bad Oeynhausen AöR verwaltet (Trink- und Schmutzwasser, Straßenreinigung, Abfallentsorgung). Und in Löhne machen das die Wirtschaftsbetriebe (WBL). Die größte Gebührenposition im Bad Oeynhausener Haushalt sind die Rettungsdienstgebühren (4,6 Millionen Euro).

KOSTENERSTATTUNGEN UND KOSTENUMLAGEN: Insbesondere Erstattungen aus dem Sozial- und Jugendbereich.Allein im Zusammenhang mit dem Thema Flüchtlinge/Notunterkunft des Landes werden Erstattungen von 7,2 Millionen Euro erwartet.

SONSTIGE ERTRÄGE UND LEISTUNGSENTGELTE: Kindergartenbeiträge, alle Gebühren aus Bürgerbüro und Standesamt. Erstattungen von Sozialleistungen (z.B. für Asylbewerber), Rückzahlungen für Unterhaltsvorschuss und dergleichen. Insbesondere Erträge in Zusammenhang mit Konzessionsabgaben für das Stromnetz und das Gasnetz.

Was die Städte ausgeben

KREISUMLAGE: Mit diesem jährlichen Beitrag aller Kommunenfinanziert der Kreis Minden-Lübbecke Gemeinschaftsaufgaben. Über die Höhe entscheiden die Kreis-Politiker. Außerdem ist die Kreisumlage abhängig von der Steuerkraft der Kommune.

JUGEND UND FAMILIE: Hierzu zählt insbesondere die Jugendhilfe bis hin zur Vollzeitpflege und Heimunterbringung von Kindern und Jugendlichen.Außerdem werden Angebote für Kinder und Jugendliche abgegeben (u.a. Ferienspiele) sowie zwei städtische Jugendeinrichtungen betreut – wie das Jugendcafé Sonderfahrt und das Haus der Jugend in Bad Oeynhausen sowie in Löhne das Familienzentrum
Raps und das Jugendzentrum Riff. Außerdem Betreuung von Kindern in
Kindertagesstätten (Kindergärten) sowie über Tagespflege.

GEBÄUDEWIRTSCHAFT: In der Gebäudewirtschaft werden die Kosten aller städtischen Gebäude gesammelt. Die Städte besitzen insbesondere Schulen, Verwaltungsgebäude, sowie Kultureinrichtungen. In Bad  Oeynhausen zählt die Feuer- und Rettungswache dazu.

SOZIALE LEISTUNGEN: Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II und XII, Leistungen für Asylbewerber, Unterhaltsvorschuss, Gewährung von Wohngeld.

PFLICHT UND KÜR: Viele Aufgaben müssen die Städte aufgrund von  Gesetzen übernehmen, etwa Sozialhilfe, Schulbau, Jugendhilfe. Hierfür
sind sie verpflichtet, zu bezahlen, und müssen ihr Geld vor allem aufwenden. Für „freiwillige Leistungen“ bleibt dann kaum Geld. Zu diesem sogenannten freiwilligen Bereichen zählen die Angebote in
Sport, Kultur und Freizeit.

Das 1x1 der städtischen Finanzen

Der Haushalt ist die Grundlage für alle kommunalen Handlungen – und doch so schwer zu verstehen. Das Zahlenwerk rund um die Kassenlage einer Gemeinde liest sich für Laien wie reines Fachchinesisch. Die Neue Westfälische bringt Licht ins Dunkel

Felix Eisele

Löhne/Bad Oeynhausen. „Ohne Moos nix los“ – was im Privaten gilt, ist auch bei den Kommunen gang und gäbe. Denn natürlich kosten alle Aufgaben, die von den Städten Löhne und Bad Oeynhausen erfüllt werden, Geld. Viel Geld sogar. Woher diese finanziellen Mittel kommen und wofür sie ausgegeben werden – das steht im kommunalen Haushalt. Und der ist gar nicht so einfach zu verstehen.

WAS IST EIN HAUSHALT?

Vereinfacht ausgedrückt zeigt der Haushaltsplan vor allem, wie die Kommune finanziell dasteht. Er nennt die wichtigsten Einnahmequellen, zeigt die Höhe der von den Bürgern geforderten Steuern an, hält Ersparnisse oder Schulden fest und gibt einen Überblick, für was die Stadt Geld ausgeben will – etwa für Kinderbetreuung, Bildung, kulturelle Angebote, aber auch Anschaffungen und Baumaßnahmen. Ein erster Entwurf des Haushalts wird jährlich von der Verwaltung erstellt. Federführend sind dabei die Kämmerer, die für die finanziellen Angelegenheiten der Kommune verantwortlich sind. Sie legen fest, wie viel Geld für welche Aufgabe ausgegeben werden darf. Ganz frei sind sie dabei aber nicht, denn ein paar Regeln müssen immer eingehalten werden:

- Ein Großteil der finanziellen Mittel muss für die Pflichtaufgaben vorgehalten werden.

- Der Haushalt muss ausgeglichen sein. Das heißt: Es dürfen keine Ausgaben eingeplant werden, deren Bezahlung nicht durch Steuereinnahmen, Gebühren, Erspartes oder Kredite gesichert ist.

WIE IST DER HAUSHALT AUFGEBAUT?

Um letzteren Punkt auf einen Blick überprüfen zu könne, werden die kommunalen Haushalte in Nordrhein-Westfalen seit einigen Jahren nach kaufmännischem Prinzip gestaltet. Das heißt: Die Ergebnisrechnung wird in Gewinne und Verluste unterteilt und gegenüber gestellt. Nur die Bezeichnungen variieren dabei: Da eine Kommune kein profitorientiertes Unternehmen ist, werden im Haushalt stattdessen die Begriffe „Ertrag“ und „Aufwand“ verwendet. Das kommunale Vermögen wird so in einer Bilanz festgehalten und übersichtlich dargestellt – im sogenannten Ergebnisplan.

WAS SIND „PRODUKTE“?

Detailliertere Erkenntnisse bieten die Teilergebnispläne. In ihnen sind die unterschiedlichen kommunalen Aufgaben berücksichtigt. Im Haushalt werden sie „Produkte“ genannt. Diese sind nach klaren Vorgaben des Innenministeriums definiert und immer gleich gegliedert (siehe Kasten). Zugeordnet sind jeweils die fachlichen Verwaltungsaufgaben und die wirtschaftlichen Betätigungen der betroffenen Produktbereiche.

Neben dem Ergebnisplan, der den geplanten Ressourcenverbrauch dokumentiert, ist der Finanzplan der zweite wesentliche Bestandteil des Haushalts. In ihm werden die geplanten Zahlungsvorgänge erfasst. Auch für den Finanzplan gilt, dass er unter Beachtung der 17 Produktbereiche in Teilpläne zu gliedern ist. So weiß jeder Beteiligte, an welcher Stelle er welche finanziellen Planungen findet.

FÜR WELCHEN ZEITRAUM GILT DER HAUSHALT?

Der Haushalt wird in der Regel für ein Jahr aufgestellt. Dennoch muss die Gemeinde eine fünfjährige Ergebnis- und Finanzplanung einbeziehen. Das soll zum einen eine dauerhafte Ordnung der Finanzen sichern und die Ausgeglichenheit des Haushalts sicherstellen.

WAS BEDEUTET DENN HAUSHALTSAUSGLEICH?

Insbesondere die Ersparnisse sind dabei besonders wichtig. Aus ihnen bilden Städte und Gemeinden eine sogenannte Ausgleichsrücklage. Denn ein Haushalt gilt dann als ausgeglichen, wenn der Fehlbedarf im Ergebnisplan und der Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung durch Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage gedeckt werden können. Ewig geht das aber nicht gut. Denn: Jede Inanspruchnahme der Rücklage führt zu einer Verringerung des Eigenkapitals. Und wenn das Eigenkapital insgesamt aufgebraucht ist, ist die Gemeinde überschuldet.

Im Zivilrecht würde nun die Insolvenz folgen, da das „Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt“. Da Kommunen aber nicht insolvenzfähig sind, müssen im Falle der Überschuldung andere Rechtsfolgen eintreten.

WAS PASSIERT, WENN DER HAUSHALT NICHT AUSGEGLICHEN IST?

Wird in der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung einer Gemeinde sichtbar, dass die Entwicklung auf einen Verzehr der allgemeinen Rücklage im Haushaltsjahr oder in einem der drei folgenden Planjahre hinausläuft, muss ein Haushaltssicherungskonzept aufgestellt werden. Darin ist der nächstmögliche Zeitpunkt zu bestimmen, bis zu dem der Haushaltsausgleich wieder hergestellt ist. Das muss spätestens im zehnten auf das Haushaltsjahr folgende Jahr der Fall sein. Um dieses Ziel zu erreichen, muss das gesamte Leistungsangebot auf den Prüfstand gestellt werden. Laut Gemeindeordnung folgt dann eine strenge Ausgabendisziplin sowie die vollständige Ausschöpfung vorhandener Einnahmemöglichkeiten – ergo werden etliche Leistungen gekürzt und Angebote gekürzt, Steuern und Gebühren deutlich erhöht. Das versuchen Kommunen in der Regel, abzuwenden, um die Handlungsfähigkeit zu bewahren.

WELCHEN EINFLUSS HAT DIE POLITIK AUF DEN HAUSHALT?

Der Haushaltsentwurf wird von der Verwaltung in den Stadtrat eingebracht und den Ratsmitgliedern übergeben. Sie können sich dann bis zur Beratung in einer der nächsten Sitzungen mit den Vorschlägen der Verwaltung beschäftigen und ihre Vorstellungen und Wünsche einbringen. Die Teilpläne werden meist in den zuständigen Fachausschüssen beraten. Sind die einzelnen Punkte diskutiert und möglicherweise verändert, wird der Haushalt per Abstimmung im Gemeinderat verabschiedet. Üblicherweise halten die Fraktionsvorsitzenden dabei ihre Haushaltsreden.

“Vorzüge bei jungen Menschen bekannt machen”

Meike Niehus macht sich stark für ein offensiveres Stadtmarketing. Sie fordert, dass die Stadt ihre Stärken besser nach außen trägt

Meike Niehus ist Optikerin. Die 27-Jährige hat sich vor ein paar Jahren entschieden, den Familienbetrieb fortzuführen. Ihr Geschäft liegt an der Lübbecker Straße in Mennighüffen. Ihr liegt die Entwicklung der Stadt sehr am Herzen, besonders, wenn es um die Perspektiven für Menschen ihrer Generation geht. „Die Vorzüge der Stadt müssen gerade bei jungen Leuten viel bekannter werden. Da sehe ich das Stadtmarketing gefordert“, sagt sie.

Die Zukunft der Stadt entscheide sich auch, wenn es um die Frage gehe, ob Löhne so lebenswert sei, dass junge Menschen nach ihrem Studium oder ihrer Ausbildung in die Werrestadt zurück kommen. „Da gibt es noch eine Menge Nachholbedarf. Die Stadt müsste da deutlich mehr tun und auch Geld in die Hand nehmen“, findet sie. Dass Löhne ein guter Ort zum Leben und Arbeiten ist, steht für sie außer Frage.

Dass sich die Stadt unter Wert verkauft, zeige zum Beispiel der Umgang mit der Werre. „Da haben wir einen so schönen Fluss, der durch die Stadt fließt und er wird an manchen Stellen geradezu versteckt. Auch da könnte die Stadt investieren. Zum Beispiel, dass am Fluss ein Gastronomiebetrieb entstehen könnte“, schlägt sie vor.

Auch die Straßen haben nach Einschätzung von Meike Niehus in den vergangenen Jahren gelitten. „In vielen Seitenstraßen muss man aufpassen, dass man nicht sein Auto beschädigt.

Mit Sparvorschlägen tut sie sich schwer. „Das möchte ich mir nicht anmaßen.“ Eine Senkung der Gewerbesteuer ist für sie kein Thema. „Das ist zu kurz gedacht. Da bleiben dann Dinge auf der Strecke weil Geld fehlt.“

„Handel in der Innenstadt fördern“

Insolvenzberater: Joachim Walterscheid hält eine Erhöhung der Parkgebühren in der City für falsch

Bad Oeynhausen. Auf „Umwegfinanzierung“ setzt Joachim Walterscheid. „Wenn die Geschäfte in der Innenstadt mehr Umsatz machen, zahlen sie auch mehr Gewerbesteuer“, lautet sein Vorschlag zur Sanierung der städtischen Finanzen. Walterscheid ist Anwalt und Insolvenzberater, hat sich auf die Betreuung wirtschaftlich angeschlagener Firmen (wie beispielsweise die Hahne Mühlenwerke) spezialisiert.

Die Erhöhung der Parkgebühren ist für ihn der falsche Weg: „Damit werden die Kunden verschreckt“. Und davon abgehalten, in der City einzukaufen. Vorrangiges Ziel müsse es sein, Menschen in die Stadt zu locken. Neben attraktiven Geschäften und einer „Gastronomie für junge Leute“ setzt er auch insoweit auf Umwegfinanzierung. Dass die Stadt auf einen Rathausneubau in der City verzichtet hat, hält Walterscheid für falsch: „Damit hätte man langfristig nicht nur die Kosten durch den Unterhalt für Gebäude an verschiedenen Standorten sparen können, sondern auch einen Grund geschaffen, in die Innenstadt zu kommen“.

„Alle Stadttöchter unter einem Dach“

BSG-Vorsitzender: Holger Diekmann schlägt etwas vor, was „keinem Bürger weh tut“

Bad Oeynhausen. Die Stadt hat mittlerweile zahlreiche Aufgaben an „Tochter-Unternehmen“ wie die Stadtwerke, die Staatsbad GmbH, den Eigenbetrieb Staatsbad und die SGH, übertragen, leistet aber erhebliche finanzielle Beiträge zu deren Betrieb. „Ein Geschäftsführer, ein Verwaltungsgebäude“, lautet der Einsparvorschlag von Holger Diekmann. Der ehemalige stellvertretende Kurdirektor ist Vorsitzender des Vereins Bewegung, Sport, Gesundheit (BSG). Dem gehören über 2.000 Mitglieder an, auf 700.000 Euro beziffert Diekmann das jährliche Umsatzvolumen, für das er als Vorsitzender verantwortlich zeichnet. Aus seiner Sicht („Ich komme aus einem Arbeiterhaushalt“ ) hat sein Vorschlag einen großen VorteiL: „Der tut keinem Bürger weh“. Anders sieht das dagegen mit der geplanten Anhebung der Gewerbesteuer aus. „Wenn die Firmen mehr bezahlen müssen, werden Sie ihr freiwilliges Engagement für Vereine kürzen“, fürchtet Diekmann. Die seien aber auf die Unterstützung von Sponsoren angewiesen, weil sich die Stadt aus der Vereinsförderung zurückgezogen habe und die Mitgliedsbeiträge nicht kostendeckend seien. Diekmann: „Ohne Sponsoren können viele Veranstaltungen nicht mehr organisiert werden“.

„Vernünftige Planung hilft“

Gastronomin: Claudia Sturm vom Haus Flores kritisiert, dass aus ihrer Sicht Geld oft unnötig ausgegeben wird

Löhne. Claudia Sturm führt gemeinsam mit Ehemann Hans-Dieter das Haus Flores, einen der ältesten Löhner Gastronomiebetriebe. „Ich habe den Eindruck, dass viel Geld gespart werden könnte, wenn man besser planen würde“, sagt sie. Oft werde eine Straße mehrfach aufgerissen, weil sich die beteiligten Stellen nicht richtig abstimmen würden. „Ein solches Vorgehen könnte man sich als Privatunternehmen nicht leisten“, sagt die Gastronomin.

Bei vernünftigen Planungen rund ums Thema Infrastruktur lasse sich mehr mit dem Geld machen.Wichtig ist auch aus ihrer Sicht auch die Stärkung des Wirtschaftsstandortes. „Da ist lange geschludert worden.“ Wenn es um Investitionen geht, dann müsse die Stadt auch weiterhin ausreichend Geld in gute Bildungsvoraussetzungen für unsere Kinder stecken, findet Sturm.

“Geld für Brandschutz”

Rotes-Kreuz-Leiter: Alexander Hermelink möchte mehr Geld für Feuerwehr und Innenstadt

Löhne. Alexander Hermelink leitet das Rote Kreuz in Löhne und kennte sich als Steuerberater mit Zahlen aus. „Ich habe mir vor kurzem den Haushaltsplan angesehen. Da sehe ich nicht, wo sich noch Geld sparen lässt. Eine Stadt kann sich auch kaputt sparen“, findet er.

Die Zeiten, in denen zum Beispiel in Löhne über Prestige-Projekte diskutiert wurde, seien lange vorbei. Die nächste Frage, die sich stelle, sei, ob die Stadt ihre Einnahmen erhöhen könne. „Da kann man was machen, weil die Gewerbesteuerhebesätze im Vergleich zu vielen anderen Kommunen noch recht niedrig sind. Andererseits kann sich eine Erhöhung auch sehr schnell kontraproduktiv auf die Ansiedlung neuer Unternehmen auswirken“, betont Hermelink.

Wenn es um die Investitionen geht, dann müsste die Stadt Geld ausgeben für eine schönere Gestaltung der Innenstadt. „Das Zentrum muss aufgewertet werden. Den verkehrsberuhigten Teil der Lübbecker Straße könnte man schöner gestalten.“ Mehr engagieren könne sich die Stadt auch beim Stadtmarketing.

Mehr Geld wünscht sich Hermelink für den Brandschutz. „Die Kameraden der Feuerwehr müssen um jede Neuanschaffung kämpfen. Es ist unnötig, 100 Mal zu begründen, warum ein 20 Jahre altes Löschfahrzeug ersetzt werden muss.

„Platz für Mittelstand“

Unternehmer: Stefan Kieslich setzt auf weitere Gewerbeflächen

Löhne. Der Unternehmer Stefan Kieslich hat als erster im erweiterten Gewerbegebiet Mahner Feld gebaut. Medicasa ist spezialisiert auf Pflegemöbel und Einrichtungskonzepte für Seniorenheime. „Die Stadt sollte mehr Geld in die Hand nehmen, um kleinen und mittelständischen Unternehmen günstige Gewerbeflächen anzubieten“, sagt er. Löhne sei zurzeit auf einem guten Weg. Doch die Stadt dürfe sich nie wieder auf dem Erreichten ausruhen. „Wir hatten hier schon mal 15 Jahre Stillstand bei der Wirtschaftsförderung und der Entwicklung von Gewerbeflächen. Es hat für die Stadt Jahre gedauert, sich davon zu erholen.“

Auch der Bahnhof ist nach Meinung von Kieslich ein Problem, für das es seit Jahren keine Lösung gibt. Es sei schön, dass sich ein Verein gemeinsam mit den neuen Besitzern um Perspektiven kümmere. Allerdings ändere das nichts am aktuell völlig unbefriedigenden Zustand. „Der Bahnhof ist eine absolute Katastrophe. „Wir holen unsere Kunden aus Bad Oeynhausen oder Herford ab, weil wir denen diesen absolut schlechten ersten Eindruck von Löhne ersparen möchten.“

Wenn es ums Sparen geht, dann sieht Kieslich für die Stadt keinen großen Spielraum. „Das Budget ist schon sehr klein. Es geht eher darum, die vorhandenen Mittel optimal einzusetzen, damit die Lebensqualität in unserer Stadt erhalten bleibt.“

„Brauchen Leerstandsmanagement“

Vorstandsmitglied der „Innenstadt-Initiative“: Hans-Joachim Kröger setzt auf städtischen Einfluss bei der Vermietung von Geschäftsräumen

Bad Oeynhausen. Sein Büro befindet sich im Lenné Karree, deshalb weiß er, wovon er redet. „In der Stadt gibt es zu viele Leerstände“, kritisiert Hans-Joachim Kröger, Steuerberater und Vorstandsmitglied der Innenstadt-Initiative. Wenn es gelingt, die zu beseitigen, könne die Stadt deutlich mehr Gewerbesteuer erzielen. Aus diesem Grund müsse das Leerstandsmanagement auch zusätzliche Aufgabe des städtischen Wirtschaftsförderers Patrick Zahn sein.

Nach Ansicht des Steuerberaters sollte die Stadt auch mehr ins Marketing investieren, damit zusätzliche Kaufkraft in die Innenstadt geholt wird. Auch diese Ausgabe werde sich durch zusätzliche Steuereinnahmen bezahlt machen. Neben einem Vorschlag zur Erhöhung der Einnahmen hat Kröger auch einen Einspar-Tipp parat. Der Hundebesitzer geht regelmäßig im Siekertal spazieren, trifft dort häufig Mitarbeiter des Ordnungsamtes, die die Leinenpflicht kontrollieren. Kröger: „Wenn die Mitarbeiter ihre Streifengänge zu Fuß erledigen würden, könnte die Stadt ihre Benzinkosten senken.“

„Mehr ehrenamtliche Unterstützung“

Vorsitzende des Bündnisses für Familie: Marion Gauert hofft, dass noch mehr Bürger selbst etwas für ihre Stadt tun

Bad Oeynhausen. Marion Gauert ist überzeugt, dass es in der Stadt „viele Menschen mit Kompetenz und freier Zeit“ gibt. Wenn es gelingt, diese Bürger zu ehrenamtlicher Arbeit zu veranlassen, dann könnten in Bad Oeynhausen einige zusätzliche Aufgaben erledigt werden, für die die Stadt kein Geld habe. Marion Gauert, Leiterin der Schule am Weserbogen, hat vor einiger Zeit den Vorsitz im Bündnis für Familie übernommen. Die mehr als 24 Kooperationspartner haben sich zum Ziel gesetzt, Bad Oeynhausen zu einer familienfreundlichen Stadt zu machen. Das ist in Zeiten leerer öffentlicher Kassen schwer, deshalb setzt das Bündnis auf freiwilliges bürgerschaftliches Engagement. Derzeit bereitet der Verein einen Ehrenamtstag vor. Auf dem sollen unter anderem konkrete Einsatzmöglichkeiten vorgestellt werden. Gauert: „Das Bündnis wird alle Projekte koordinieren und Starthilfe leisten“.

"Wir haben die Intensivstation verlassen"

Doppelinterview mit Bad Oeynhausens Bürgermeister Achim Wilmsmeier und dem Löhner Bürgermeister Bernd Poggemöller, beide SPD, über die finanzielle Lage der beiden Städte, die Investitionspläne und die Gründe, warum die Zeit des Sparens noch nicht vorbei ist

Bad Oeynhausen/Löhne. Herr Poggemöller, Herr Wilmsmeier, Sie beide waren bis Oktober Kämmerer, nun sind Sie beide Bürgermeister. Welche Folgen hat das auf Ihre Amtsführung? Spielen Zahlen und Haushalt eine größere Rolle als für andere Bürgermeister?

Bernd Poggemöller: Also für mich nach wie vor, wobei jetzt die Intensität des Umgangs mit den Zahlen nachgelassen hat. Es sitzt ja nun jemand anderes auf dem Kämmerer-Stuhl. Ich kann mich nicht mehr um jedes Detail kümmern. Die wichtigen Strukturen behalte ich selbstverständlich im Blick.


Achim Wilmsmeier: Das kann ich nur bestätigen. Bei mir ist es natürlich so, dass ich auch die Stadt und damit den Haushalt dabei gewechselt habe. Von daher habe ich hier in Bad Oeynhausen nicht eine solche Detailtiefe. Aber die Erfahrungen als Kämmerer helfen natürlich, Zusammenhänge zu erkennen und zu sehen, wo man gegebenenfalls nachsteuern muss.

Bad Oeynhausen konnte gerade verkünden, dass das Haushaltsjahr 2015 voraussichtlich mit einer Million Euro im Plus abgeschlossen wird. Sind Sie darauf neidisch, Herr Poggemöller?

Poggemöller: Bei uns war es in den letzten Jahren auch so, dass die Haushaltsabschlüsse jeweils über den Veranschlagungen gelegen haben.

Aber nicht im Plus?

Poggemöller: Im Ergebnis nicht im Plus. Wir sind aber durchaus an das Plus herangekommen. Die Entwicklung der letzten Jahre geht immer mehr in Richtung schwarze Null, auch in Löhne.

Neidisch sind Sie also nicht?

Poggemöller: Nein, der Haushaltsausgleich ist in Löhne ja auch in greifbare Nähe gerückt.

Löhne ist seit 2012 im Stärkungspakt NRW. Die Stadt bekommt bis 2020 rund 18 Millionen Euro vom Land.

Poggemöller: Genau sind es 16,4 Millionen.

Macht das wiederum Sie neidisch, Herr Wilmsmeier?

Wilmsmeier: Nein. Es hat ja einen Grund, warum die Stadt Löhne dieses Geld bekommt. Löhne hatte wirtschaftlich besonders schlechte Jahre, auf die kann man natürlich nicht neidisch sein. Wir schauen auch nicht auf andere. Wir müssen selbst unsere Hausaufgaben machen.

Stellen Sie sich vor, Ihre Städte wären Patienten in der Finanzklinik. Wie würden Sie dann den finanziellen Zustand von Bad Oeynhausen beschreiben, Herr Wilmsmeier?

Wilmsmeier: Wir als Kurort sind ja besonders daran interessiert, dass die Patienten gesund werden . Und so ist das auch mit unserem Haushalt, weil wir nicht nur die schwarze Null für 2016, sondern durchgehend auch in den Folgejahren im Blick haben.

Ist die Stadt dann eher ein Patient, der noch auf die Intensivstation gehört oder kommt er schon in die Reha?

Wilmsmeier: Ich denke, wir sind schon fast aus der Reha wieder heraus. Wenn wir das jetzt hinbekommen, einen Haushalt zu beschließen, der die schwarze Null auch in den Finanzplanjahren hat, dann kommen wir aus der Haushaltssicherung heraus, dann sind wir auf dem Weg der Gesundung.

Herr Poggemöller, wie sieht Ihre Diagnose für den Patienten Löhne aus?

Poggemöller: Wir haben die Intensivstation verlassen. 2010 und 2011 hatten wir ja den Nothaushalt in Löhne, als nichts mehr ging, als unsere Gewerbesteuern eingebrochen sind auf 8 Millionen Euro. Seitdem hat sich die Situation verbessert, wir sind auf einem guten Wege.

Wie sind die beiden Städte in diese finanzielle Schieflage geraten?

Poggemöller: Ich glaube, ein Großteil der Städte befand oder befindet sich in einer Schieflage. Und alle Städte haben mit den gleichen Problemen zu kämpfen: mit der immer kürzer werdenden Finanzdecke von Bund und Land und durch neue Aufgabenzuweisungen. Nach meiner Wahrnehmung begann diese Talfahrt in Löhne Mitte der 90er Jahre. Innerhalb von 15 Jahren haben wir 2.500 Arbeitsplätze verloren. Bei der Gewerbesteuer blieben dynamische Entwicklungen aus, eher waren negative Einschnitte zu beklagen.

In Bad Oeynhausen gab es 2014 eine solche Talfahrt in der Gewerbesteuer. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Wilmsmeier: Ich glaube, das hat sehr individuelle Gründe, die in einzelnen Unternehmen gesehen werden müssen.

Wo sehen Sie Gemeinsamkeiten, wo Unterschiede in der finanziellen Situation in Bad Oeynhausen und Löhne?

Poggemöller: Wir sind eine Kommune mit Kassenkrediten. Gerade in Zeiten der Finanzmarktkrise, als unsere Gewerbesteuer so stark runter ging, wurde die Hälfte unserer 24 Millionen Euro, die wir an Kassenkrediten haben, aufgebaut. Die Situation ist in Bad Oeynhausen anders. Für uns wäre es deshalb auch der erste Schritt zu einem ausgeglichenen Finanzhaushalt zu kommen, keine Kassenkredite mehr aufzunehmen, das wäre schon ein Meilenstein zur Haushaltgesundung.

Zur Erläuterung: Kassenkredite sind für eine Stadt das, was für den Privatmann die Überziehung des Girokontos wäre. Das ist teures Geld. Wie hat es Bad Oeynhausen geschafft, ohne Kassenkredite klar zu kommen?

Wilmsmeier: Im wesentlichen dadurch, dass in der Vergangenheit nicht so viele Investitionen getätigt wurden, wie es vielleicht hier und da auch notwendig gewesen wäre. Wir hatten in den letzten Jahren ungefähr Investitionen von 5 Millionen Euro, jetzt sind 10 Millionen Euro geplant, und 2018 haben wir Investitionen in Höhe von 20 Millionen Euro geplant. Da müssen wir aber auch gucken, ob das überhaupt finanzierbar ist.

Wobei Sie Investitionen ja über normale Kredite finanzieren können, nicht unbedingt über Kassenkredite?

Wilmsmeier: Nein, Kassenkredite werden dafür nicht in Anspruch genommen. Aber das heißt natürlich auch, wenn man unter den Abschreibungen investiert, ist noch Liquidität übrig im Haushalt.

Beide Städte planen ja, sowohl die Grund- als auch die Gewerbesteuer zu erhöhen. Ist danach ein Ende dieser Steuererhöhungen in Sicht?

Poggemöller: Wir waren gezwungen, den Haushaltssanierungsplan in diesem Punkt zu ändern. Nach Lage der Dinge reicht das aus, um 2018 den Haushaltsausgleich darzustellen. Deshalb gehe ich davon aus, dass es das jetzt erst mal gewesen ist. Ausschließen können wir beide – glaube ich – nicht, dass es irgendwann wieder zu Steuererhöhungen kommt. 


Wilmsmeier: Auch wir sind guten Mutes, dass keine weitere Steuerhöhungen von Nöten sind.

Wie werden Sie versuchen, den Haushalt auch langfristig auszugleichen?

Wilmsmeier: Ganz wichtig ist, bei Investitionen auf die Folgekosten zu achten. Wir brauchen Optimierungskonzepte, beispielsweise im Straßenbau. Dort brauchen wir ein Straßenerhaltungs- und Neubaumenagement, um die knappen Ressourcen sinnvoll einzusetzen. 


Poggemöller: Wichtig ist, dass man das Ziel nicht aus den Augen lässt, den Haushaltsausgleich 2018. Hier und da müssen wir aber auch Geld in die Hand nehmen, für die Unterhaltung des Vermögens oder die energetische Ertüchtigung. Wenn man da nicht rechtzeitig tätig wird, wird es im nächsten Jahr viel teurer.

Ein Punkt, der die Bürger besonders interessiert, ist die Sanierung der Straßen. Können Sie mir sagen, wie viel in den nächsten zwei, drei Jahren in die Sanierung der städtischen Straßen wird?

Wilmsmeier: So ad hoc aus dem Kopf kann ich das nicht sagen. Aber tatsächlich wollen wir dieses Jahr auch dazu nutzen, zu schauen, wie die Mittel am sinnvollsten eingesetzt werden können. 
POGGEMÖLLER: In Löhne sind wir jetzt so weit, dass wir den Zustand der Straßen aufnehmen. Daraus wird sich der Reparatur- und Instandhaltungsbedarf ergeben, der dann entsprechend auch abgebaut werden muss.

Durch eine Bedarfsermittlung sind die Straßen aber noch nicht besser geworden, oder?

Poggemöller: Das kann man auch nicht innerhalb von ein, zwei Jahren erwarten. Ich gebe ja durchaus zu, dass in den vergangenen Jahren hier und da etwas versäumt wurde. Für die Bürger ist, glaube ich, wichtig zu sehen, wann ihre Straße auf der Sanierungsliste steht.

Wo wird noch investiert in den beiden Städten?

Wilmsmeier: Es gibt drei wesentliche große Bereiche, die sich abzeichnen. Das ist einmal der Feuerwehr- und Rettungsdienst, die Wache platzt aus allen Nähten. Ein Thema ist auch das Kombibad. Und ein drittes großes Projekt ist die Schulinfrastruktur, wo jetzt gerade in Eidinghausen die pädagogischen Konzepte auf den Weg gebracht werden, um daraus ein entsprechendes Raumkonzept zu konzipieren.

Herr Poggemöller, welche drei Vorhaben fallen Ihnen ein, wenn es um Investitionen geht?

Poggemöller: Wir haben im Moment als Top-Investition die Generalsanierung des Städtischen Gymnasium laufen mit einem Volumen von fast 7 Millionen Euro. Begonnen haben wir auch die Bau-
maßname Anschluss an die B 61, eine 10-Millionen-Maßnahme. Und es wird weitere Investitionen in die Verkehrswege geben. Damit meine ich auch Radwege. Außerdem ergeben sich Notwendigkeiten im Bereich der Feuerwehrgerätehäuser als Konsequenz aus dem Brandschutzbedarfsplan.

Muss dann noch der Rotstift angesetzt werden oder ist die Zeit des Sparens vorbei?

Poggemöller: Das wird eine Daueraufgabe bleiben. Wir werden immer wieder unterstreichen müssen, dass jede zusätzlich Aufgabe, die wir planen und beschließen, finanzielle Konsequenzen hat.

Wilmsmeier: Das kann ich bestätigen. Auch bei Investitionen müssen wir immer auf die Folgekosten schauen. Das ist ein dauerhafter Zustand.

Kopf an Kopf: Bernd Poggemöller (l.) und Achim Wilmsmeier im Bad Oeynhausener Bürgermeisterzimmer.

Schwerpunktthema Haushalt
  1. Was mit unserem Geld passiert
  2. Das 1x1 der städtischen Finanzen
  3. "So würden wir das Geld einsetzen"
  4. Das leistet die Verwaltung
  5. "Wir haben die Intensivstation verlassen"
  6. Wo lebt es sich günstiger?