Kopf an Kopf

Am Sonntag haben die US-Amerikaner den Super Bowl gefeiert. Zeit für einen Football-Selbstversuch.

Lennart Krause und Julian Rüter

Aller Anfang ist... eng?!

Verdammt nochmal, ist das eng. Ein Football-Helm ist also kein flauschiges Wohlfühlkissen, das sich ganz weich um den Kopf legt. Dieses Mysterium hat sich schon nach ein paar Sekunden am Trainingsplatz der Paderborn Dolphins erledigt. Am Sonntag ist Super Bowl, das Finale um die Meisterschaft der NFL im American Football. Für viele Sportfans ein fester Termin im Jahreskalender. Höchste Zeit, diesen ur-amerikanischen Sport mal am eigenen Körper auszuprobieren. Das geht nirgends besser als bei den Paderborn Dolphins. Der Club spielt, wie die Bielefeld Bulldogs, in der zweithöchsten deutschen Spielklasse. Hier sind wir goldrichtig, um die ersten Schritte im Sport mit dem ovalen Ei zu machen. Eines vorweg: Es macht tierisch Spaß, kann aber in der Tat auch richtig weh tun.

Helme müssen eng anliegen, das haben wir direkt gelernt. Dafür sind die Dinger gar nicht so schwer, wie man es sich bei der robusten Optik vorstellt. Rund zwei Kilo, mehr wiegt dieses schützende Monstrum auf dem Kopf nicht. Aber es darf eben nichts wackeln. „Football ist ein harter Kontaktsport. Damit wir Kopfverletzungen vermeiden, muss der Helm ihn gut schützen. Ohne Helm, Schulterpads, Suspensorium, Mundschutz und Schützern an Steiß, Hüfte und Oberschenkel darf sowieso niemand spielen“, erklärt Dolphins-Präsident David Schmidtmann. Das haben wir als Anfänger natürlich alles nicht dabei, aber in den ersten Wochen bekommt jeder Neuling die wichtigsten Dinge zum Glück vom Verein gestellt. Für uns kann es also losgehen!

Helm und Schulterpads haben wir. Für unser Schnuppertraining ist mehr auch nicht nötig. Trotzdem eigenartig, wie das Sichtfeld vom Helm eingeschränkt wird. Die Schützer an den Schultern lassen hingegen erstaunlich viel Bewegungsfreiheit. Erster Programmpunkt: Schnelligkeit. Schon beeindruckend, wie knapp 50 dick eingepackte Spieler in fünf Reihen hintereinander stehen, Liegestütz machen, drei Mal hin und herrollen und zum Gegenüber sprinten. Dabei feuern sich die menschgewordenen Maschinen immer wieder gegenseitig im Takt an. So ein ausgeprägter Teamspirit beeindruckt. Wir sind dabei, werden gleich mit abgeklatscht und gehören direkt zum Team, jeder wird sofort integriert – das fühlt sich super an. Neue gibt’s hier anscheinend häufiger mal.

Wir sind aber natürlich nicht fürs Konditionstraining hergekommen. Also nimmt uns David Schmidtmann ein wenig raus und erklärt die Basics von „seinem Sport“. Fast zwei Jahrzehnte war er selbst aktiv und lässt uns jetzt aufeinander los: Den Arbeitskollegen, oder besser Gegner, blocken. Erstmal darf dem Gegenüber dafür kräftig auf die Brust gehauen werden und tatsächlich merkt man unter dem Schutz für Schultern und Brust gar nichts davon. Also Blocken. Ready, Set und auf Hut geht’s los. Den Körper tief halten und so schnell es geht die Hände zwischen die Schulterschützer des Gegenübers bekommen. Wer zuerst seine Arme nach innen bringt, schiebt den Gegner ganz spielend weg. Ein kleiner Schubser hinterher und es ist klar, wer die Technik direkt drauf hat. Das kann aber noch nicht alles gewesen sein. Wir wollen mehr. Mit einem dieser überraschend großen Bälle in der Hand, fühlt man sich direkt wie einer dieser angesagten College-Jungs aus den amerikanischen Filmen. Es fehlen logischerweise nur noch Sekunden bis zum ersten lehrbuchhaften Touchdown-Pass.

Vielleicht werden es doch eher Stunden oder Tage. Es ist gar nicht so einfach, dieses Ei zu werfen. Ständig flackert es durch die Luft, wackelt, will einfach nicht in einem schönen Bogen durch den Paderborner Abendhimmel segeln. Aber Übung macht den Meister und mit ein paar kleinen Kniffen bekommen wir das lederne Spielgerät immer besser unter Kontrolle. Wie die Stars in der NFL ihre Pässe allerdings trotz des Drucks der gegnerischen Abwehr werfen, ist unfassbar. Mit der Gewissheit des Einschlags eines gegnerischen Bulldozers stehen sie ganz ruhig auf dem Feld, schauen wo der Passempfänger sich frei läuft und schmeißen das Ei mit einer chirurgischen Präzision und in Hochgeschwindigkeit zum Mitspieler. Für uns streichen wir besser sowohl die chirurgische Präzision als auch die Hochgeschwindigkeit. Aber der Pass klappt tatsächlich auch mit amateurhaftem Augenmaß und im Tempo eines gemütlichen Fahrradfahrers. Pass, Catch, läuft – das Selbstbewusstsein steigt. Es muss angeboren sein, dass damit auch automatisch die Risikofreude einen ganz gewaltigen Sprung nach oben macht.

Dieser Sprung kann in der Realität verdammt weh tun. Die Pässe kommen eben doch noch nicht immer so passgenau an, wie die Hand sich das vorstellt. Aber was soll’s, sagt der Kopf. Knie, Hände und Rippen spüren nur Sekundenbruchteile später, was dieser Übermut bedeutet. Anstatt den Ball auf den Boden klatschen zu lassen, hechtet man ihm plötzlich zum ersten Mal in unerschütterlichem Optimismus hinterher. Absprung, Flugphase, Streckung, Aufprall, Autsch! Das war höchstens ein Touchdown für den Körper. Der Ball hat die Hände nur gestreift, vom Catch war das weit entfernt.

Aber auch diese Probleme werden während des 120-minütigen Ausflugs in die American Football-Welt immer weniger. Nach ein paar Ausflügen auf den brettharten Kunstrasen ist der Körper schließlich abgehärtet und der Ehrgeiz siegt bei so einem Power-Sport eben sowieso über jeden Schmerz. Ein richtiges Tackle von einem der Dolphins-Spieler haben wir uns dann aber doch lieber erspart. So weit geht das Vertrauen in den eigenen Körper dann definitiv nicht. Trotzdem, der eigene Fortschritt ist schon nach zwei Stunden Football spürbar. Nach dieser Einheit steht jedenfalls fest: Wir haben Lust auf mehr!

Kopf an Kopf
  1. Hammerhart, aber unglaublich gut
  2. Schutz geht vor
  3. Der Teamspirit
  4. Blocken, Tackeln, Schubsen
  5. Und Action
  6. Touchdown für den Körper
  7. Bitte mehr davon